Dritter Auftritt


[500] Wallenstein im Gespräch mit dem Bürgermeister von Eger. Die Vorigen.


WALLENSTEIN.

Ihr wart sonst eine freie Stadt? Ich seh,

Ihr führt den halben Adler in dem Wappen.

Warum den halben nur?

BÜRGERMEISTER.

Wir waren reichsfrei,

Doch seit zweihundert Jahren ist die Stadt

Der böhmschen Kron verpfändet. Daher rührts,

Daß wir nur noch den halben Adler führen.

Der untre Teil ist kanzelliert, bis etwa

Das Reich uns wieder einlöst.

WALLENSTEIN.

Ihr verdientet

Die Freiheit. Haltet euch nur brav. Gebt keinem

Aufwieglervolk Gehör. Wie hoch seid ihr

Besteuert?

BÜRGERMEISTER zuckt die Achseln.

Daß wirs kaum erschwingen können.

Die Garnison lebt auch auf unsre Kosten.

WALLENSTEIN.

Ihr sollt erleichtert werden. Sagt mir an,

Es sind noch Protestanten in der Stadt?


Bürgermeister stutzt.


Ja, ja. Ich weiß es. Es verbergen sich noch viele

In diesen Mauren – ja! gestehts nur frei –

Ihr selbst – Nicht wahr?


Fixiert ihn mit den Augen. Bürgermeister erschrickt.


Seid ohne Furcht. Ich hasse

Die Jesuiten – Lägs an mir, sie wären längst

Aus Reiches Grenzen – Meßbuch oder Bibel!

Mir ists all eins – Ich habs der Welt bewiesen –

In Glogau hab ich selber eine Kirch

Den Evangelischen erbauen lassen.

– Hört, Bürgermeister – wie ist Euer Name?

BÜRGERMEISTER.

Pachhälbel, mein erlauchter Fürst.

WALLENSTEIN.

Hört – aber sagts nicht weiter, was ich Euch

Jetzt im Vertraun eröffne.


[500] Ihm die Hand auf die Achsel legend, mit einer gewissen Feierlichkeit.


Die Erfüllung

Der Zeiten ist gekommen, Bürgermeister.

Die Hohen werden fallen und die Niedrigen

Erheben sich – Behaltets aber bei Euch!

Die spanische Doppelherrschaft neiget sich

Zu ihrem Ende, eine neue Ordnung

Der Dinge führt sich ein – Ihr saht doch jüngst

Am Himmel die drei Monde?

BÜRGERMEISTER.

Mit Entsetzen.

WALLENSTEIN.

Davon sich zwei in blutge Dolchgestalt

Verzogen und verwandelten. Nur einer,

Der mittlere blieb stehn in seiner Klarheit.

BÜRGERMEISTER.

Wir zogens auf den Türken.

WALLENSTEIN.

Türken! Was?

Zwei Reiche werden blutig untergehen,

Im Osten und im Westen, sag ich Euch,

Und nur der lutherische Glaub wird bleiben.


Er bemerkt die zwei andern.


Ein starkes Schießen war ja diesen Abend

Zur linken Hand, als wir den Weg hieher

Gemacht. Vernahm mans auch hier in der Festung?

GORDON.

Wohl hörten wirs, mein General. Es brachte

Der Wind den Schall gerad von Süden her.

BUTTLER.

Von Neustadt oder Weiden schiens zu kommen.

WALLENSTEIN.

Das ist der Weg, auf dem die Schweden nahn.

Wie stark ist die Besatzung?

GORDON.

Hundertachtzig

Dienstfähige Mann, der Rest sind Invaliden.

WALLENSTEIN.

Und wieviel stehn im Jochimsthal?

GORDON.

Zweihundert

Arkebusierer hab ich hingeschickt,

Den Posten zu verstärken gegen die Schweden.

WALLENSTEIN.

Ich lobe Eure Vorsicht. An den Werken

Wird auch gebaut. Ich sahs bei der Hereinfahrt.

GORDON.

Weil uns der Rheingraf jetzt so nah bedrängt,[501]

Ließ ich noch zwei Basteien schnell errichten.

WALLENSTEIN.

Ihr seid genau in Eures Kaisers Dienst.

Ich bin mit Euch zufrieden, Oberstleutnant.


Zu Buttlern.


Der Posten in dem Jochimsthal soll abziehn

Samt allen, die dem Feind entgegenstehn.


Zu Gordon.


In Euren treuen Händen, Kommendant,

Laß ich mein Weib, mein Kind und meine Schwester,

Denn hier ist meines Bleibens nicht, nur Briefe

Erwart ich, mit dem frühesten die Festung

Samt allen Regimentern zu verlassen.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 500-502.
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